Materialpreiserhöhungen am Bau: Das können Sie bei steigenden Materialpreisen tun
Expertin Baubranche
1.7.2022
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Capmo für GeschäftsführerDie Preise für Rohstoffe und Materialien explodieren. Preise für Baustoffe wie zum Beispiel Holz, Betonstahl, Dämmmaterialien oder Kupfer sind aufgrund diverser Faktoren und Geschehnisse zuletzt, wie der Corona Pandemie und dem Ukraine-Krieg, teils exponentiell gestiegen. Nicht ohne Grund also sind Materialpreiserhöhungen am Bau aktuell in der Branche eines der am meisten diskutierten Probleme.
Bei vielen Betrieben, ob Generalunternehmer oder Handwerksbetrieb, herrscht dementsprechende Unsicherheit. Es gibt viele offene Fragen. Am wichtigsten immer die Kostenfrage. Kann man Materialpreiserhöhungen an den Kunden weitergeben? Kann man in laufenden Verträgen Preisanpassungen vornehmen?
Je nachdem in welcher Vertragsphase sich das Bauprojekt befindet, haben Sie unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten.
Möglichkeiten vor Vertragsabschluss
Bei allen zukünftigen Bauverträgen stellt sich natürlich vor allem die Frage, wie die drohenden und absehbaren Risiken einer Materialpreissteigerung und daraus resultierende Lieferverzögerungen abgefedert werden können, zum Beispiel durch rechtzeitige Vorkehrungen und Anpassungen in Verträgen.
Für Bau- und Handwerksbetriebe gilt aktuell: Unbedingt doppelt bei Angeboten und Verträgen absichern. Das heißt in der Praxis: Angebote zeitlich befristen und Einkaufspreise von den Lieferanten zusichern lassen. Und weiter absichern mit dem Vertragszusatz “Angebot freibleibend”. Wir erklären beides im folgenden.
Angebot befristen und Materialpreise zusichern lassen
Die erste Möglichkeit der Absicherung, die Betriebe für Neu-Verträge haben, ist es sich die Materialpreise von den Lieferanten zusichern zu lassen. Ist das vertraglich vereinbart, gibt es auch keine Möglichkeit für Lieferanten sich nicht an den Vertrag zu halten.
Leider ist jedoch jeder Vertrag ein Einzelfall - es kann zum Beispiel sein, dass Ihr Lieferant in den AGB sich ein Kündigungs- oder einseitiges Preisanpassungsrecht eingeräumt hat. Das kann in Anspruch genommen werden bei unvorhergesehen Umständen, z. B. höherer Gewalt, und eine Preiserhöhung vorgenommen werden. Die Wirksamkeit solcher AGB-Klauseln sind immer einzeln zu betrachten und sollten mit einem Rechtsbeistand geklärt werden.
Angebot unverbindlich oder freibleibend
Eine weitere Möglichkeit, mit der sich Betriebe bei neuen Verträgen absichern können, ist der Zusatz “Angebot freibleibend” als Ergänzung im Bauvertrag. Dadurch wird der eigentliche Vertragsschluss nach hinten geschoben und den Betrieben räumt dies einen zusätzlichen Planungsspielraum ein. Soll der Vertrag dann geschlossen werden, zu den anfangs angebotenen Preisen, reicht eine einfache Auftragsbestätigung.
Sind die Preise jedoch relevant gestiegen und der Betrieb möchte den Vertrag nicht bzw. nicht mehr zu den ursprünglichen Konditionen schließen, dann kann die Auftragsbestätigung einfach wegfallen und der Vertrag platzen. Schließlich war das Angebot “freibleibend”.
Sonderfall: Preisgleitklauseln
Eine weitere Alternative sind auch so genannte Preisgleitklauseln, auch Stoff- oder Materialpreisgleitklauseln. Betriebe können diese nutzen, um sich gegen steigende Materialkosten abzusichern.
Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Werden Preisgleitklauseln gegenüber Verbrauchern verwendet, werden diese in der Rechtssprechung sehr streng bewertet. Außerdem sollte man die Preisgleitklauseln auch nicht in die AGB aufnehmen, da sie in der Regel in den AGB unwirksam sind. Stattdessen ist es empfehlenswert, Vereinbarungen dieser Art mit dem Kunden individuell zu vereinbaren und auszuhandeln.
Vertragsphase - Laufende Bauverträge
Viel spannender und akuter ist natürlich die Situationen laufender Bauverträge. Der Vertrag wurde vor einiger Zeit mit einem Auftraggeber geschlossen und jetzt sind die Materialpreise enorm gestiegen.
Es stellt sich die Frage, unter welchen Umständen der Auftragnehmer Preissteigerungen seiner Lieferanten akzeptieren muss und wann er sie eventuell an den Auftraggeber weitergeben kann.
Leider ist die Situation so, dass Bauverträge die aktuell laufen kaum Handlungsspielraum geben. Grundsätzlich sind Betriebe an die vereinbarten Preise des Bauvertrags auch gebunden.
Es gibt jedoch Ausnahmen, die wir hier kurz vorstellen:
Sonderkündigungsrecht nach VOB/B
Ein Sonderfall wäre, wenn in dem laufenden Bauvertrag bereits eine wirksame Preisgleitklausel aufgenommen wurde. Ist das noch nicht passiert, können Betriebe immer versuchen eine Änderungsvereinbarung zu ergänzen. Holen Sie sich dazu am besten auch rechtliche Unterstützung und Beratung.
Enthält der Vertrag zwar keine Preisgleitklausel, ist jedoch als VOB/B Vertrag geschlossen, können Sie als Auftragnehmer unter gewissen Voraussetzungen von Ihrem Sonderkündigungsrecht nach § 6 Abs. 7 VOB/B Gebrauch machen. Wichtig dabei: Es muss zwingend zu einer Unterbrechung oder Verzögerung des Bauablaufs von mindestens drei Monaten gekommen sein. Andernfalls greift dieses Sonderkündigungsrecht nicht.
Auch wichtig: Bei Bauverträgen, die nach BGB geschlossen wurden, gibt es ein vergleichbares Sonderkündigungsrecht nicht unbedingt. Das muss dann oft extra vereinbart worden sein.
Störung, Wegfall der Geschäftsgrundlage
Eine weitere Alternative scheint nach Vertragsabschluss bzw. bei laufenden Verträgen dann noch die Anpassung des Vertrages auf Basis einer “Störung der Geschäftsgrundlage” nach § 313 Abs. 1 BGB zu sein. Vor allem dann, wenn keine Stoffpreisgleitklausel vereinbart wurde.
Die Störung der Geschäftsgrundlage ist relativ komplex und basiert auf vielen Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen.
- Unter anderem müssen sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben.
- Eine weitere Voraussetzung ist, dass beide Vertragsparteien den Bauvertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn die Änderungen absehbar gewesen wären.
- Es muss einem Vertragspartner nicht zumutbar sein am Vertrag festzuhalten.
Nur wenn diese Umstände zutreffen, kann auf Grundlange einer Störung der Geschäftsgrundlage ein Vertrag angepasst werden.
In der Praxis findet das jedoch fast nie statt, da die sehr hohen Voraussetzungen quasi nie erfüllt werden. Das heißt: Gerade bei Materialpreissteigerungen ist eine Preisanpassung auf Grundlage der “Störung der Geschäftsgrundlage” praktisch unmöglich, es sein denn der Auftraggeber stimmt freiwillig zu.
Sonderfall: Höhere Gewalt - Verhandeln oder Kosten selbst tragen
Doch wie verhält es sich mit dem Sonderfall “höhere Gewalt”? Wir gehen von folgender Situation aus: Aufgrund von Marktstörungen, die der Lieferant nicht selbst verschuldet hat (=höhere Gewalt), können Materialen nicht geliefert werden. Die Folge: Der Auftragnehmer muss seine Arbeit pausieren. Bis die Materialen wieder geliefert werden können, sind die Materialpreise stark gestiegen. Der Auftragnehmer kann seine Arbeit zwar wieder aufnehmen und weiterführen, fragt sich jedoch, ob er die Preiserhöhung an den Kunden bzw. Auftraggeber weitergeben kann.
Leider stellt sich die Situation wie folgt dar: Kommt es zu einem Verzug und als Folge zu einer Preiserhöhung der Materialen, aus Gründen, die weder der Auftraggeber/Kunde noch der Auftragnehmer zu verschulden haben, gibt es wenig Möglichkeiten. Der Auftraggeber muss bei BGB-Verträgen diese gestiegenen Materialpreise (auch Lohnkosten) nicht tragen.
In einem solchen Fall empfiehlt es sich, mit dem Auftraggeber zu verhandeln und versuchen eine einvernehmliche Lösung zu finden. Alternativ muss der Auftragnehmer, in diesem Fall die Baufirma, die Preiserhöhung und verbundene Kosten selbst tragen.
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