SIA Norm 118 PDF: die Schweizer Regelungen für den Bauvertrag
Expertin Baubranche
11.2.2021
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Capmo für GeschäftsführerIn Deutschland orientieren sich Ingenieure und Architekten an der DIN Norm oder den HOAI Leistungsphasen, in Österreich an den ÖNormen und in der Schweiz an der SIA Norm. Das Regelwerk wurde vom Schweizer Ingenieur- und Architektenverein ins Leben gerufen, um Klarheit in den Bauablauf zu bringen. Welche Punkte der Verordnung Sie kennen müssen und warum die SIA 118 besondere Relevanz für Architekten- und Ingenieure hat? Wir schauen genauer hin.
Daten & Fakten zur SIA Norm
SIA ist die Abkürzung für Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein. Die Organisation ist ein Zusammenschluss von knapp 15.000 Experten aus Bau, Umwelt und Technik. Interdisziplinär besetzt, bildet der Verein somit ein breites Wissensnetzwerk zu allen Themen rund um den Bau. Sinn und Zweck des SIA ist einerseits die Interessenvertretung aller Beschäftigten in der Baubranche; andererseits die Bereitstellung relevanter Hilfsmittel für die Berufsausübung in der Schweiz. Zusammen mit der Schweizerischen Normenvereinigung SNV gibt der Verein unter anderem die SIA Normen heraus.
Die wichtigsten SIA Normen für Architekten und Ingenieure
Im Normenverzeichnis der SIA finden sich für jede Berufsgruppe passende Regelungen. Als Architekt oder Ingenieur sollten Sie sich diese Regelungen genauer ansehen:
- SIA-Norm 102 (Ordnung für Leistungen und Honorare der Architekten)
- SIA-Norm 103 (Ordnung für Leistungen und Honorare der Bauingenieure)
- SIA-Norm 108 (Ordnung für Leistungen und Honorare der Maschinen- und Elektroingenieure sowie der Fachingenieure für Gebäudeinstallationen)
- SIA-Norm 118 (Art. 33 Abs. 1, Art. 34 Abs. 3, Art. 47 Abs. 2)
- SIA 1015 (Generalplanervertrag)
- SIA-Norm 142 / 1998 (Ordnung für Architektur- und Ingenieurwettbewerbe)
- SIA-Richtlinie 150 (Richtlinie für das Verfahren vor Schiedsgericht)
Je nach Tätigkeitsfeld können weitere Regelungen für Sie relevant sein. Die Nummer 500 ist beispielsweise die SIA Norm für Nasszellen. Diese regelt die Anforderungen für den Sanitärbereich. In den Allgemeinen Richtlinien zum Umweltschutz und Werkleitungen (SIA Norm Werkleitungen, 500) erfahren Sie alles, was Sie zu Lärmschutz, Luftreinhaltung, Boden- und Gewässerschutz wissen müssen. Als Gartenbauer sollten Sie die SIA Norm für den Gartenbau – 318 – genauer ansehen; als Plattenleger die Nummer 248. Diese Liste könnten wir nun unendlich weiterführen. Doch anstatt bis ins letzte Detail einzutauchen, widmen wir uns lieber einer Norm der SIA, die Sie als Architekt oder Ingenieur mit Sicherheit regelmäßig begegnen: die SIA Norm 118.
Die SIA Norm 118
Die SIA Norm 118 ist eine Regelung mit dem Ziel, das Vertragsrecht im Bauwesen einerseits zu vereinfachen und andererseits zu vereinheitlichen. Werkverträge, wie sie am Bau Standard sind, sah der Verein im Werkvertragsrecht OR 363 nicht gut genug geregelt. Viele Fragen von Bauunternehmern und Bauherren bleiben laut den Experten unbeantwortet. Die SIA Norm 118 hat nun die Aufgabe, genau diese Lücken zu schließen. Der Schweizer Ingenieur- und Architektenverein will mit der Regelung das Werkvertragsrecht ergänzen. Und zwar mit Fokus auf die Anforderungen am Bau.
Damit die SIA Norm 118 auch wirklich für Verständnis sorgt und nicht noch mehr Verwirrung stiftet, können nicht alle Verträge im Zusammenhang mit Bauprojekten damit geregelt werden. Ausgenommen sind reine Aufträge zur Projekt- oder Bauleitung sowie Konsortialverträge. Auch für kleinere Projekte ist die Norm eher ungeeignet. Steht bei Ihnen jedoch ein größeres Projekt an, bei dem Sie der Bauherr oder der Unternehmer sind, können Sie gerne die SIA Norm 118 zu Rate ziehen.
Vorsicht: Bauverträge auf Basis der SIA Norm 118 werden immer zwischen zwei Parteien geschlossen. Im Normalfall sind das der Bauherr, also der Besteller des Werks, sowie der Unternehmer als Ausführer. Auch wenn der Bauleiter in der Funktion des Bauherrenvertreters auftritt, bleibt der Bauherr die Vertragspartei.
Was regelt die SIA Norm 118?
Zusammengefasst regelt die SIA 118 die Allgemeinen Rahmenbedingungen für Bauarbeiten Sowohl Fragen zum Wie als auch das Was eines Bauvertrags werden in der SIA Norm 118 beantwortet. Damit Sie dabei nicht durcheinander kommen, hat der Verein die Regelungen in zwei Arten der Bestimmung unterteilt: die Abschlussbestimmungen und die Inhaltsbestimmungen.
Abschlussbestimmungen der SIA Norm 118
In den Abschlussbestimmungen finden Sie jegliche Informationen zum Zustandekommen eines Bauvertrags. Und so viel können wir Ihnen an dieser Stelle schon verraten: Ähnlich wie auch andere Verträge kann dies auch laut der SIA 118 sowohl schriftlich, mündlich oder durch anderes einschlägiges Verhalten geschehen. Ergänzend gibt Ihnen die Verordnung in den Abschlussbestimmungen Tipps und Informationen zur Ausschreibung mit auf den Weg.
Inhaltsbestimmungen in der SIA 118
Nachdem die Rahmenbedingungen geklärt sind, geht die SIA noch einen Schritt weiter und hilft Ihnen bei der Formulierung des Vertragsinhalts. In den Inhaltsbestimmungen der Norm 118 hat der Verein Formulierungen hinterlegt, die Sie für verschiedene Bauvertragsverhältnisse verwenden können. Darüber hinaus geben Ihnen die Inhaltsbestimmungen Auskunft über die Vertragspflichten beider Parteien. Während der Bauherr die Vergütung zu zahlen hat, muss der Bauunternehmer die geschuldete Leistung zum einen rechtzeitig und zum anderen ohne Baumängel erbringen. Wann ein Werk aus Sicht der SIA mangelfrei ist? Auch auf diese Frage liefert das Normenverzeichnis eindeutige Antworten.
Mängelhaftung in der SIA Norm 118
Wir eine Bauleistung erbracht, so muss diese grundsätzlich frei von Mängeln sein. Das bedeutet: Das Werk entspricht den anerkannten Regeln der Technik und kann für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden. Ist dies nicht der Fall, so schreiben sowohl die VOB in Deutschland als auch die SIA in der Schweiz dem Bauherrn Mängelrechte zu. In vielen Punkten ähneln sich die Regelungen. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich zwischen den Verordnungen jedoch deutliche Differenzen.
Verjährungsfrist und Garantiefrist
Ist ein Bauvertrag auf Basis der SIA 118 geschlossen, so gilt grundsätzlich eine Verjährungsfrist von 5 Jahren nach der Bauabnahme. Darüber hinaus gibt es in der SIA 118 noch eine zusätzliche Frist: die Garantiefrist. Wie lange Baumängel nach SIA 118 vorgebracht werden können? Hierzu finden sich in dem Normenwerk verschiedene Regelungen.
Die allgemeine Garantiefrist beginnt mit dem Tag der Bauabnahme und verstreicht nach zwei Jahren. In diesem Zeitraum können Bauherren Baumängel jederzeit rügen. Innerhalb der Garantiefrist liegt die Beweislast nach Art. 174 Abs.3 beim Bauunternehmer. Es liegt in seiner Verantwortung zu belegen, dass er eine saubere Arbeit abgeliefert hat. Ist die Garantiefrist abgelaufen, so kann der Bauherr Mängel nicht mehr so einfach rügen. Offensichtliche Mängel können dann gar nicht mehr angezeigt werden.
Für verdeckte Mängel gilt eine Garantiefrist von 5 Jahren. Damit räumt die SIA Bauherren noch 3 weitere Jahre das Recht ein, Baumängel, die sich erst im Laufe der Nutzung zeigen, zu rügen. Damit die SIA Mängelrüge in diesem Fall Erfolg hat, muss die Anzeige jedoch unverzüglich erfolgen. Die Beweislast liegt in diesem Fall beim Bauherren. Gleiches gilt, wenn bewusst verschwiegene Mängel entdeckt werden. Auch in diesem Fall muss der Bauherr beweisen, dass die mangelhafte Sache auf das Verschulden des Bauunternehmers zurückzuführen ist. Die Garantiefrist für bewusst verschwiegene Mängel beträgt 10 Jahre.
So zeigen Sie Mängel nach der SIA Norm erfolgreich an
Ähnlich wie die VOB schreibt auch die SIA Norm eine schriftliche Anzeige von Baumängeln vor. In dieser Mängelrüge oder Mängelanzeige müssen Sie den Baumangel ausführlich beschreiben. Konzentrieren Sie sich dabei auf das, was Sie tatsächlich sehen und verzichten Sie auf eine Ursachenermittlung. Dafür ist der Bauunternehmer zuständig. Beschreiben Sie Ihre Entdeckung und deren Auswirkungen möglichst ausführlich und detailliert. Darüber hinaus sollten Sie eine Frist zur Beseitigung festsetzen. Und wenn möglich direkt ausführen, was passiert, wenn diese versäumt wird.
Capmo-Tipp: Gehen Sie bei der Mängelrüge mit besonderer Sorgfalt vor! Eine unvollständige Mängelanzeige kann im Streitfall negativ für Sie ausgelegt werden. Sie können Sich in unserem Download-Center eine Mängelanzeige Vorlage herunterladen, damit Sie keine Informationen vergessen. Aber Apropos Streitfall…
Welche Regelungen enthält die SIA zu Streitigkeiten aufgrund von Baumängeln?
Baumängel zählen nicht zu den angenehmeren Themen eines Bauprojekts. Häufig sind diese eine Ursache für Streitereien. Damit Sie für solch eine Erfahrung gewappnet sind, empfehlen wir Ihnen zwei Vorkehrungen: Achten Sie immer auf eine vollständige Baudokumentation und holen Sie sich für den Streitfall rechtliche Unterstützung. Mithilfe eines gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens können Sie eine neutrale Bewertung des Streitfalls erwirken. Häufig kommt in dem Zusammenhang ein Sachverständiger zum Einsatz, der sich der Sache objektiv annimmt. Doch auch dem Experten fällt die Arbeit deutlich leichter, wenn er alle Unterlagen zur Hand hat.
Das Vergütungsrecht in der SIA 118
Ein weiterer Normenkomplex aus der SIA 118, den Sie unbedingt kennen sollten, ist das Vergütungsrecht des Bauunternehmers. In der schweizer Verordnung finden Sie sowohl Regelungen zur Bemessung als auch zur Abrechnung der Vergütung.
Bemessen wird das Honorar entweder nach einem festen Preis, beispielsweise nach Einheits-, Global- oder Pauschhalpreisen. Oder nach Aufwand. Welche Bemessungsgrundlage in Ihrem Fall gültig ist, definieren Sie mit Ihrem Vertragspartner.
Für die Abrechnung finden Sie in der SIA Norm 118 ein vielschichtiges Abrechnungssystem. Dieses differenziert zwischen verschiedenen Rechnungsarten:
- Regierechnung
- Abschlussrechnung
- Teuerungsabrechnungen
- Schlussrechnungen
Wie diese einzelnen Posten zusammenhängen erklärt die SIA ausführlich in den Regelungen zur Abrechnungen.
Die SIA Normen sind rechtlich Vereinbarungen, die Prozesse im Bauablauf näher bestimmen sollen. Sie wurden ins Leben gerufen, da die Rechte aus dem allgemein gültigen Recht in der Schweiz nicht alle Fragen von Architekten und Ingenieuren beantworten.
Sowohl die SIA Norm als auch die einschlägigen DIN Normen haben das Ziel, rechtliche Fragen zum Bauablauf abschließend zu beantworten. In ihrem Zweck sind sie sich damit recht ähnlich. Der größte Unterschied liegt im Anwendungsbereich. Das ist ganz leicht zu erkennen, wenn wir die Abkürzungen ausschreiben.
DIN steht für Deutsches Institut für Normung.
SIA für Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein.
Die SIA Vorschriften können somit nur in der Schweiz, die DIN Normen nur in Deutschland gelten. Hin und wieder werden Sie bei SIA oder DIN Normen den Zusatz EN sehen. Dieser verdeutlicht, dass es sich bei der Regelung handelt, die auch auf europäischer Ebene gilt.
Ebenso wie wir es von der VOB oder der HOAI kennen, gelten auch SIA Normen nur dann, wenn sie vor dem Vertragsschluss als rechtliche Grundlage beschlossen wurden. Möglich ist dies bei quasi allen typischen Verträgen zwischen Bauunternehmer und Bauherr. Ob es sich dabei um ganze Bauwerke oder nur einzelne Teilleistungen handelt, ist unerheblich. Falls Sie sich bei einem konkreten Bauvertrag unsicher sind, fragen Sie am besten nochmal bei Ihrem Anwalt nach.
Im SIA-Normenwerk finden sich drei Arten von Regelungen: technische und vertragliche Normen sowie Verständigungsnormen. Die technischen Normen stellen sicher, dass eine Leistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Vertragliche regeln – wie es der Name schon sagt – die vertraglichen Fragen. Verständigungsnormen sorgen für Verständnis über Begriffe, Klassifizierungen und Kennwerte. Welche SIA Normen Sie als Architekt oder Ingenieur kennen sollten, schauen wir uns im folgenden genauer an.
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